Wie finde ich das Nutzer-Problem?
7 Wege, mit deiner Discovery Research zu starten

Discovery Research ist gleichermaßen aufregend wie beängstigend. Für Projektteams, die viel im “Solution Space” arbeiten, ist es schwierig, in den neuen Modus  des “Problem Space” zu finden, bei dem viele Dinge unklar und offen sind. 

Die erste Frage die sich stellt ist: Wie finde ich das richtige Nutzer-Problem? Die Antwort vieler Researcher “it depends” ist oft nicht zielführend. Deshalb habe ich dir in diesem Beitrag sieben Research-Methoden zusammengestellt, die ich gerne nutze, um Nutzer-Probleme aufzuspüren und zu quantifizieren.


Hast du bereits ein Produkt auf dem Markt, das deine potentielle Zielgruppe anspricht? Dann ist es am einfachsten, mit dieser Nutzergruppe zu starten. Oft hast du hier die Möglichkeit über einen Newsletter oder ein Pop-up auf deiner Webseite Nutzer für ein kurzes Gespräch zu rekrutieren.

1. “Jobs to be Done”-Interviews

Der Kauf oder die Nutzung  deines Produktes bildet nur einen kleinen Teil der gesamten Aufgabe ab, die der Nutzer zu erledigen versucht. Deshalb steckt viel Potential darin, das größere Bild zu sehen.

Bei den “Jobs to be Done”- oder JTBD-Interviews geht es darum, den gesamten Kontext zu verstehen und die einzelnen Schritte nachzuvollziehen, die der Nutzer auf dem Weg zur Erreichung seines Ziels durchläuft. Diese Art der Interviews gibt dir Hinweise über Herausforderungen, unerfüllte Bedürfnisse und aktuelle Lösungswege des Nutzers und hilft dir so zu verstehen, wo Potential für neue Lösungen liegt.

Mögliche Fragen sind:

  • Was war der Grund, weshalb du die Seite besucht / das Produkt genutzt hast? 
  • Gibt es ein übergeordnetes Ziel, das du damit zu erreichen versuchst? 
  • Denke an die unterschiedlichen Schritte, die du bisher unternommen hast. Was war der erste Schritt, was kam danach?
  • Welche Schritte folgen nach dem Besuch der Webseite / Kauf des Produktes?

2. Hotjar Survey

Analytics-Daten bieten einen guten ersten Eindruck über die Nutzung deiner Webseite. Oft ist dies aber nicht ausreichend. Schnelle Hilfe bietet hier eine Hotjar Survey. Das ist eine kleine Umfrage, die beim Nutzer als Pop-up auftaucht, wenn er deine Webseite besucht.

Umfragen eignen sich um Dinge zu quantifizieren, die du bereits kennst. Du kennst z.B. bereits unterschiedliche Gründe, weshalb jemand deine Webseite besucht, du bist dir aber unsicher, wie die die Gründe für den Besuch verteilt sind.  Umfragen sind die ideale Basis dafür, die relevanten Themen zu priorisieren und helfen dir somit, die Entscheidung zu treffen, an welcher Stelle das größte Potential liegt.

Mögliche Fragen sind:

  • Wie wichtig sind dir die folgenden Dinge, wenn du dein Vorhaben durchführst?
  • Wie oft hast du innerhalb des letzten Jahres dein Vorhaben durchgeführt?
  • Welche der folgenden, übergeordneten Ziele (JTBD) versuchst du zu erreichen?
  • Welche der folgenden Probleme hattest du beim Erreichen deines Ziel?

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Du kannst auch Research durchführen, wenn du aktuell keine Nutzer für dein Produkt hast. Dies ist z.B. der Fall, wenn du dich für ein spezifisches Thema interessierst oder ein Produkt für neuen Zielgruppe entwickeln möchtest.  Für die Rekrutierung von Interview- oder Umfrageteilnehmer gibt es spezialisierte Agenturen.

3. “A Day in a Life”-Interviews

Diese Interviews sind für mich das “Schweizer Taschenmesser” des Researchers, wenn ich in ein Thema neu einsteige.

In einem “Day in a Life”- Interview bittest du deine Gesprächspartner jeden Schritt oder Tätigkeit zu einem Thema aufzuzählen. Wörtlich genommen bezieht sich “Day in a Life” auf einen ganzen Tag, du kannst dies aber auch abkürzen, wenn du dich nur für einen spezifischen Teil interessierst.

Das Ziel dieser Interviews ist es unterschiedliche Prozessschritte kennenzulernen und zu sehen, an welcher Stelle sich sogenannte “Workarounds” etabliert haben. Du lernst aber auch persönliche Präferenzen und unterschiedliche Vorgehensweisen kennen, weshalb ich diesen Ansatz gerne wähle, um daraus Personas abzuleiten, die mit unterschiedlichen Herausforderungen konfrontiert sind.

Mögliche Fragen sind:

  • Wenn du morgens aufstehst/in dein Büro kommst/den Computer startest, was machst du als erstes?
  • Was sind deine nächsten Schritte?
  • Was benötigst du um diese Schritte durchzuführen?
  • Was geht dir dabei durch den Kopf?

4. “Trigger Event”-Interviews

Ein Trigger ist jeder Reiz, der uns über eine Idee nachdenken lässt und gegebenenfalls dazu führt, dass wir unser Verhalten ändern.

Bei “Trigger Event”-Interviews spreche ich mit Personen, die einen solchen Trigger erlebt haben, z.B. eine finanzielle Krise, einen Umzug oder eine persönliche Krise und lerne, wie sie damit umgegangen sind.

Diese Art des Interviews gibt dir Einblicke in die Motivation, Fähigkeiten und Probleme, mit denen die Personen konfrontiert war – und du erfährst, wo sie auf ihrem Weg Erfolg hatte (und warum) oder gescheitert ist. Da du Einblick in verschiedenen Themen und Herausforderungen erhältst, eignen sich die Interviews  als Inspiration in einem Workshop, wie zum Beispiel einem Design Sprint.

Mögliche Fragen sind:

  • Magst du mir erzählen was genau passiert ist?
  • Wie sah dein Leben vor diesem Ereignis aus?
  • Wie sah dein Leben direkt nach dem Ereignis aus?
  • Was waren deine ersten Reaktionen und Aktivitäten danach?

5. Panel Survey

In Interviews lernst du deine potentielle Zielgruppe besser kennen. Der Fokus liegt auf dem “Verstehen”. Doch meistens kommst du an den Punkt wo du dich fragst: “Ist das für eine signifikante Anzahl Personen relevant?

Hier kommen Umfragen ins Spiel. Surveys sind Befragungen mit einer größeren Anzahl Personen. Meistens werden hier geschlossene Fragen verwendet, bei denen der Teilnehmer aus verschiedenen Antwortkategorien auswählen kann. 

Der Vorteil dabei ist, dass du nicht nur siehst, wie viele Personen eine Antwort gewählt haben,  sondern auch analysieren kannst, ob sich die Antworten je nach Personengruppe unterscheiden. Somit eignen sich Surveys um Erkenntnisse zu Problemen und Herausforderungen zu quantifizieren und helfen dir zu entscheiden, welches Thema ein hohes Potential hat.

Mögliche Fragen sind:

  • Welche der folgenden Herausforderungen hattest du innerhalb der letzten drei Monaten? 
  • Wieviel Zeit verbringst du durchschnittlich für die eine spezifische Tätigkeit im Monat?
  • Wie gerne führst du folgende Tätigkeiten durch?
  • Aus welchen der folgenden Gründen führst du eine Tätigkeit durch?

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Stehst du vor einem weißen Blatt Papier und hast nur eine sehr grobe Vorstellung, was ein interessantes Themengebiet wäre? Wenn das Themengebiet unspezifisch ist, ist es schwierig, Teilnehmer für ein Interview zu suchen oder sich sinnvolle Fragen für ein Interview oder eine Umfrage zu überlegen. Hier stütze ich mich auf Daten, die bereits bestehen.

6. Social Media Analyse

Plattformen, in denen der Nutzer selber den Inhalt generiert, wie zum Beispiel Facebook-Gruppen oder themenspezifische Foren, sind eine wahre Fundgrube für verschiedene Themen. Bei diesen Gruppen ist es oft nicht gerne gesehen, dass Research Fragen gestellt werden, aber die systematische Auswertung der Themen und Schmerzpunkte über eine Inhaltsanalyse gibt dir einen ersten Einblick in Themen, die deine potentielle Zielgruppe wirklich bewegt.

7. Externe Studien

Ein zu selten genutztes Tool sind externe Studien und Trendanalysen zu einem Thema. Ich bin immer wieder überrascht, wie wenig bereits existierende Studien genutzt werden, obwohl diese oft in hoher Qualität und zu angemessenen Preisen zur Verfügung stehen. Solche Studien bieten dir eine erste Grundlage um dich einem Thema anzunähern und ermöglichen. 


Wie du siehst gibt es verschiedene Ansatzpunkte, wie du dich dem Nutzer-Problem annähern kannst. Meine Erfahrung zeigt, dass du besser zum Ziel kommst, wenn du unterschiedliche Ansätze parallel ausprobierst und die Ergebnisse in einem Workshop miteinander verbindest. So kannst du das Problem von verschiedenen Seiten betrachten und merkst intuitiv, wo ein spannendes Thema verborgen ist, bei dem du deinem Nutzer einen echten Mehrwert bieten kannst.

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Dieses Self-Assessment führt dich durch unterschiedliche Discovery Fragestellungen und du lernst, welche Bereiche du bereits klarer definiert hast und wo es Sinn macht, stärker in die Tiefe zu gehen.